Bildungsweise

Susanne Posselt

Mindframes of Leaders

Ein Tag mit John Hattie

John Hattie. Wer mit Bildung zu tun hat, kommt an diesem Namen kaum vorbei. Ich war gerade im Vorbereitungsdienst, als der neuseeländische Bildungsforscher seine erste Metastudie veröffentlichte. „Visible Learning – Lernen sichtbar machen“, im deutschsprachigen Raum besser bekannt als „Hattie-Studie“, erschien im April 2013 auf Deutsch. Ich weiß noch, mit welcher Ehrfurcht über diese Studie gesprochen wurde und wie wir im Pädagogik-Seminar versuchten, aus den Ergebnissen Rückschlüsse für unsere Praxis zu ziehen. 

Bereits im vergangenen Jahr hatte ich die Gelegenheit am 1. Schulleitungssymposium der aim Heilbronn teilzunehmen und dort John Hattie bei seinem Vortrag quasi live zu erleben. Es war eine riesige Veranstaltung, die mehr als 1000 Schulleitungen füllten die komplette Aula auf dem aim Bildungscampus und mehrere weitere Räume, wohin der Vortrag per Video übertragen wurde. „Woher wisst ihr Deutschen, welchen Lebensweg Kinder im Alter von 10 Jahren gehen werden?“ fragte Hattie. Wir Schulleitungen aus dem Gemeinschaftsschul-Umfeld sahen uns an und fühlten uns bestätigt. 

Vieles von dem, was Hattie an diesem Tag vortrug, passte auch zu unserem Schulentwicklungsverständnis. 

Im Juni flatterte schließlich ein neuer aim-Newsletter in mein digitales Postfach und kündigte Verheißungsvolles an. Hattie kommt wieder. Und diesmal sollte es nicht nur einen Vortrag geben, sondern eine Veranstaltung für erweiterte Schulleitungsteams zum Thema Leadership: Mindframes of Leaders. Als Schulleitungsteam beschlossen wir: Da melden wir uns an – vielleicht haben wir ja Glück und kommen zum Zug. Und so war es. Wir hatten die Veranstaltung und unsere Anmeldung fast aus dem Blick verloren, da kam die Bestätigung. Wir durften einen ganzen Vormittag mit John Hattie arbeiten – auf Englisch natürlich.

Nach einem kurzen Vortrag über die wesentlichen Kernpunkte konnten wir das Gehörte im kooperativen Setting in unseren Schulleitungsteams reflektieren und darüber hinaus mit anderen Teilnehmer*innen der Veranstaltung in den Austausch gehen. Diese Form der Kokonstruktion haben wir als sehr gewinnbringend empfunden. Das Gehörte blieb nicht nur bei uns, sondern wir konnten es uns im Gespräch aneignen und direkt auf die Situation bei uns an der Schule übertragen. Auch die Zweifler nahmen wahr: Das ist nicht nur graue Theorie. Es hat etwas mit mir selbst zu tun.

Worum ging es?

Im Kern schauten wir auf unsere eigenen „Mindframes“: Kennen wir als Leitungspersonen unsere eigene Wirkung? Evaluieren wir unser Handeln? Arbeiten wir im Team zusammen? Fokussieren wir uns aufs Lernen – auch das von uns selbst und unserem Team? Hören wir den Menschen zu?

Haben wir hohe Erwartungen? An uns? An unser Team? An unsere Schülerinnen und Schüler? Glauben wir selbst, dass wir etwas verändern können?

Die Kernbotschaften und die gewonnenen Impulse werden sicher nachwirken. Was mich jedoch fast am meisten fasziniert hat, war die Begeisterung, mit der John Hattie seine Erkenntnisse für uns aufbereitet hatte und seine gelebte Augenhöhe in der Beziehungsgestaltung und der Kommunikation während der Arbeitsphasen. Diese Atmosphäre war spürbar: Einige von uns waren etwas unsicher, weil sie nicht wussten, ob ihre englischen Sprachkenntnisse ausreichend für eine so intensive Zusammenarbeit sein würden. Zu keinem Zeitpunkt hatte jedoch irgendjemand das Gefühl, sich für das Unperfekte schämen zu müssen. Im Gegenteil. Wir wuchsen in dieser für uns ungewohnten Situation über uns hinaus.

Was nehme ich also mit? „Know your Impact“ bedeutet: Traue deinen Schüler*innen viel zu. Kommuniziere mit ihnen auf Augenhöhe und bringe sie ins Arbeiten. Langeweile ist das größte Problem in unseren Schulen. Schülerinnen und Schüler können und müssen lernen, die Verantwortung für das eigene Lernen zunehmend zu übernehmen. Es ist unser Job, sie dazu zu befähigen. Für meine Rolle in der Schulleitung bedeutet das alles: Auf der Ebene der Arbeit mit unserem Kollegium ist es im Prinzip nicht anders. Auch hier geht es ums Lernen. Der größte Feind des Lernens ist der Perfektionismus und ein Mangel an Mut, Fehler zu machen. Lasst uns also mutig sein und ein evaluative Mindframes entwickeln. 

Danke an die aim (Akademie für Innovative Bildung und Management) und das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung für diese inspirierende Gelegenheit des Lernens mit unseren Teams. Denn ohne die Menschen um uns herum und an der Basis können wir nichts bewirken. Es geht nur gemeinsam. 

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