Bildungsweise

Susanne Posselt

Wir nehmen jedes Kind so, wie es ist. 

Dabei ist es unser Job, den Kindern die Welt zu erschließen. Es geht ums Lernen. Um ihr Lernen. Diese Sätze, ausgesprochen von Stefan Ruppaner am gestrigen Fachtag Pädagogik an der PH Weingarten, klingen wie  Binsenweisheiten. Kinder beim Lernen zu unterstützen sollte selbstverständlich sein für pädagogische Institutionen und erst recht für die Schulen, die unsere Kinder und Jugendlichen auf ein Leben in einer immer komplexer werdenden Welt vorbereiten sollen. Aber Stefan Ruppaner sagte auch: Hier läuft einiges schief. Und Unterricht ist aller Übel Anfang. 

Zwei hochkarätige Impulsvorträge hatte das Team um Johannes Zylka neben einem vielfältigen Workshop-Angebot organisiert. Stefan Ruppaner, der ehemalige Schulleiter der preisgekrönten Alemannenschule in Wutöschingen sprach über seine Lernreise hin zu einer Schule, die auf Unterricht inzwischen völlig verzichtet. Nach seinem Vortrag blickte man gestern in viele zustimmend begeisterte, aber auch erstaunte, verwirrte oder ungläubige Gesichter. 

Kai Maaz, der geschäftsführende Direktor des DIPF Leibnitz Instituts für Bildungsforschung und Bildungsinformation stellte Forschungsergebnisse und Handlungsimplikationen im Zusammenhang mit Schul- und Unterrichtsentwicklung zwischen Referenzrahmen, Daten und KI vor. Er machte deutlich: Wir haben ein Problem: Trotz einer inzwischen vorhandenen breiten Datenbasis bringen unsere Schulen zu viele Kinder und Jugendliche hervor, die die Mindeststandards nicht erreichen. Hier gelingt Lernen offensichtlich nicht in der Tiefe, die für ein gelingendes Erwachsenenleben notwendig wäre. Das legte Kai Maaz in seinem Vortrag über Schulentwicklung eindrücklich dar. Seine Analyse war schonungslos: Unsere Schulen schaffen es in der Breite nicht, mit Heterogenität umzugehen. Es fehlt zudem ein systemischer Blick auf alle Ebenen. Unzählige Einzelmaßnahmen wurden in den vergangenen Jahren über die Schulen geschüttet, ihnen fehlt jedoch jegliche Kohärenz. Und es fehlt eine Vision. 

Was sollen wir also tun? Alle Schulen im Sinne einer Schmetterlingspädagogik nach dem Konzept der Alemannenschule weiterentwickeln? Und müssen wir die Daten einfach besser verstehen? 

Kai Maaz machte deutlich: Ohne Daten geht es nicht. Ein Problem sei hierbei jedoch der Umgang mit Komplexität: Aus den vielen Daten, die uns inzwischen vorliegen, dürfen keine vorschnellen Schlüsse gezogen werden. Es sei entscheidend, dass Schulen die Entwicklungsbedarfe ihrer Schülerinnen und Schüler erkennen und entsprechend handeln. Die Erfolgsformel hierbei müsse jedoch Daten + Empathie = Wirkung heißen. Gelingensbedingungen für Schulentwicklung seien Ko-Konstruktion, eine kontextsensible Entwicklung und eine datengestützte Reflexion. Es braucht hierfür den Aufbau einer Qualitätsinfrastruktur (materiell und personell) und den Aufbau von Brückeninstitutionen, die fachliches Wissen (wissenschaftliche Evidenz, gesellschaftliche Bedarfe) in politische Entscheidungslogiken übersetzen. 

Ich war in meiner Rolle als Vertreterin der Regionalstelle Karlsruhe im Landesfachteams Pädagogik vor Ort. Seit Anfang 2023 gibt es dieses Landesfachteam beim ZSL Baden-Württemberg. Wir sind etwas Besonderes, vielleicht auch Einzigartiges in den ZSL-Strukturen. Wir repräsentieren kein Fach und keine Leitperspektive. Wir stehen für den Kern des schulischen Handelns: Die Pädagogik. Wir stellen uns Fragen wie: Was ist eigentlich das Ziel von Schule? Wie lernen Kinder gut? Wer sind die Kinder, die unsere Schulen bevölkern? Was wissen wir über Schule, Unterricht und Lernen? Und was brauchen Lehrerinnen und Lehrer, um ihr schulisches Handeln weiterzuentwickeln?

Vom Fachtag Pädagogik nehmen wir nun noch eine weitere Frage mit in unsere Fortbildungskonzeption: Wie schaffen wir es, die Praxis erfolgreicher Schulen in die Breite zu bekommen?

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