Eine Chronik
Ein knappes Jahr nach der letzten #Schulschließung sind wir am vergangenen Montag in die zweite Runde #Fernlernen gegangen. Ich nenne es nicht #Homeschooling, weil mit diesem Begriff andere Konzepte verbunden sind. Da ich immer mal wieder gefragt werde, „wie wir das denn so machen“, will ich hier einen kurzen Abriss unseres Konzeptes geben, das sich für uns bislang bewährt hat. Die Überlegungen, die zu diesem Konzept geführt haben, möchte ich in folgenden Abschnitten chronologisch vorstellen:
- Erfahrungen aus der Schulschließung im März 2020
- Schulentwicklungsprozesse zwischen März 2020 und Januar 2021
- Best Practise im Januar 2021
1. Erfahrungen aus der Schulschließung im März 2020
Die Schulschließung im März 2020 hatte uns alle kalt erwischt. An unserer Gemeinschaftsschule gab es zwar schon digitale Plattformen, Moodle wurde als „Materialllager“ vorwiegend für die Sekundarstufe genutzt, die Nutzung für die Primarstufe war angedacht, jedoch noch nicht wirklich umgesetzt.
Auch, wenn meine Kollegin Katrin Wahlich und ich uns gleich zu Beginn der Schulschließung ins digitale Abenteuer gestürzt hatten, Videokonferenzsysteme ausprobiert, Unterrichtsinhalte auf Webseiten geladen, gefilmt, verlinkt, Apps erprobt und wieder verworfen hatten – eins blieb bis zur Rückkehr in die Schule frustrierend: Der fehlende Zugang vieler Schüler*innen zu angemessenen digitalen Arbeitsgeräten und ausreichend dimensionierten Internetzugängen. Bis zum Schluss war es schwierig, den Kontakt zu halten und so blieb oft nichts als das gute alte Telefon oder der persönliche Besuch mit physischer Materialausgabe. Uns war völlig klar, dass das keine geeigneten Voraussetzungen für einen gelingenden Fernunterricht sein konnten.
2. Schulentwicklungsprozesse zwischen März 2020 und Januar 2021
Noch im Schuljahr 2019/20 entschieden wir uns im Rahmen der Gesamtlehrerkonferenz, für alle Lerngruppen an der Anne-Frank-Schule Karlsruhe Moodle-Kurse anzulegen, auch, wenn zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht absehbar war, wie lange uns diese Pandemie im Griff behalten würde. Unser Motiv und unsere Vision war: Auch außerhalb von Pandemiezeiten ist es mehr als sinnvoll, das Lernen in den digitalen Raum zu erweitern und diesen zu nutzen, um Schüler*innen dabei zu begleiten, damit sie lernen sich sicher im zwischen all den Hyperlinks zu bewegen.
Über die Entscheidung für Moodle als Lernmanagementsystem (LMS) und den Weg zu unserer heutigen Struktur habe ich Ende des vergangenen Jahres einen Bericht für die GEW-Mitgliederzeitschrift b&w geschrieben. Hier ist er zu lesen. Das gesamte Heft gibt es hier.
Im Hinblick auf die gegenwärtige Situation war die Entscheidung für eine konsequente Etablierung von Moodle als Lernmanagementsystem und die Fortbildung und Begleitung aller Kolleg*innen entscheidend für einen vergleichsweise reibungslosen Übergang ins Fernlernen. Dass diese Entscheidung so fiel, war überhaupt nicht selbstverständlich. Alle Vorzeichen zu Beginn des Schuljahres 2020/21 standen auf Präsenz um jeden Preis und angesichts von Kohortenbildung, Masken und Abstand eine Rückkehr zum lehrerzentrierten Unterricht. Dennoch gab es an der Anne-Frank-Schule einen pädagogischen Nachmittag zum Thema „Moodle“ für alle Lehrer*innen, es gab dazu eine Challenge in der Grundschule und im Rahmen der Einschulung Workshops für Eltern. Wir wollten alles tun, um Hürden abzubauen und allen Kindern die Teilhabe an digitalen Lernwelten zu eröffnen. Hinzu kam die Bestellung von digitalen Endgeräten, um diese als Leihgeräte zur Verfügung stellen zu können.
Um die Hürden für digital noch nicht so affine Kolleg*innen abzuräumen, entwickelten wir Musterkurse für verschiedene Szenarien: #Fernlernen, #Hybridunterricht und #Quarantäne. Für den Fall einer möglichen Schulschließung erarbeitete eine Gruppe von Kolleg*innen Grundprinzipien für den Distanzunterricht und außerdem Musterstundenpläne, die an den vom Kultusministerium herausgegebenen Qualitätskriterien Fernlernen orientiert sind:
3. Best Practise im Januar 2021
Aufgrund dieser Vorüberlegungen starteten wir am vergangenen Montag mit folgender Struktur in die 2. Phase des Fernlernens:
Zur Erläuterung möchte ich folgende Punkte bemerken:
- Stundenplan bedeutet nicht, dass die Kinder tatsächlich die ganze Zeit Videokonferenzen haben. Da die Schüler*innen in Lerngruppe 5 noch sehr jung sind und eine verlässliche, von außen gegebene Struktur oft brauchen, sind zu diesen Zeiten Lernbegleiter*innen aus den jeweiligen Fächern ansprechbar: Per Videokonferenz oder per Chat in Moodle
- Wichtig waren uns die Leitplanken im Tagesablauf. Auch im Präsenzunterricht der Gemeinschaftsschule wird spätestens in Lerngruppe 5 die Tages- und Lernplanung mithilfe des Lerntagebuches sukzessive angebahnt. Ziel ist es, dass die Kinder über das eigene Lernen nachdenken und sich Ziele setzen können, die sie planvoll anstreben.
- Dabei gibt es so viel Freiheit wie möglich und so viel Struktur wie nötig.
- Jeden Morgen treffen wir uns zum gemeinsamen virtuellen Tagesstart. Wir versorgen die beiden Lerngruppen in Jahrgang 5 gemeinsam als Team und haben so die Möglichkeit, dass wir uns mit den virtuellen Anwesenheiten der Lernbegleiter*innen gut abwechseln können.
- Es gibt einen Wochenplan, in den alle Lernbegleiter*innen eintragen, was in der jeweiligen Woche zu erledigen ist.
- Am Ende des Vormittags gibt es ein weiteres virtuelles Treffen, bei dem wir die Kinder fragen, was sie geschafft haben, ob es Probleme mit der Menge der Arbeitsaufträge gab und wie es ihnen gelungen ist, ihr Lernen zu dokumentieren. Rückmeldungen können natürlich immer auch über das virtuelle Lerntagebuch (Hier die Lehrer*innenansicht in Moodle) gegeben werden.
- Freitags findet der virtuelle Klassenrat statt – Auch in Pandemizeiten nach bewährtem Ablauf mit Moderation durch die Schüler*innen: Positive Runde – Besprechung von Anliegen und Finden von Lösungen. Wir üben wertschätzende Sprache und würdigen Geleistetes.
- Für den Tag und die gemeinsame Arbeit der Schüler*innen haben wir ständig verfügbare virtuelle Gruppenräume eingerichtet, in denen selbstständig und kooperativ gearbeitet werden kann.
Am Ende der Woche können wir bislang sagen: Die Struktur hat sich so bewährt. Natürlich lernen wir ständig hinzu und entwickeln uns weiter. Schule ist lernende Organisation und ich kann bis zum heutigen Tag sagen: Insbesondere in digitalen Belangen hat es in den vergangenen Wochen und Monaten einen Entwicklungsschub gegeben, den niemand für möglich gehalten hätte. Lasst uns diesen Schub nutzen und pädagogische mit digitalen Belangen verknüpfen. Tragend sind hierfür die Grundgedanken der Gemeinschaftsschule: Vielfalt, Kooperation, Teamarbeit, wertschätzende Kommunikation, Blick auf den Einzelnen als Teil der Gemeinschaft.