Bildungsweise

Susanne Posselt

Die GMS braucht Oberstufen!

In vielen ländlichen Regionen in Baden-Württemberg gibt es ausschließlich Gemeinschaftsschulen mit einer Sekundarstufe I. Oberstufen findet man fast ausschließlich in Städten oder großen Regionen mit einem Schulträger. Die Schulen im ländlichen Raum haben keine gymnasiale Oberstufe, obwohl die Kinder, die dort erfolgreich auf dem erweiterten Niveau arbeiten, das Recht zu Besuch einer gymnasialen Oberstufe haben.

Wenn die Kinder am Ende der Klasse zehn sind, stehen die Eltern da. Sie haben für ihre Kinder keinen Anschluss. Man sagt ihnen, sie können ihre Kinder auf ein berufliches Gymnasium schicken. 

An einem beruflichen Gymnasium muss man aber zwingend ein berufliches Profilfach im Abitur belegen. 

Theoretisch können die Kinder auch in die Oberstufe eines allgemeinbildenden Gymnasiums gehen. 

Dafür müssen Sie aber in Klasse sechs schon Französisch gewählt haben, weil die allgemein bildenden Gymnasien keinen späteren Beginn der zweiten Fremdsprache vorsehen. Daher scheidet diese Möglichkeit für viele Schüler:innen aus.

Der wichtigste Grund für eine gymnasiale Oberstufe an einer Gemeinschaftsschule ist aber folgender: 

die Gemeinschaftsschule hat ein besonderes Lernkonzept, dessen Herzstück eine enge Lernentwicklungsbegleitung mit Coaching und Lernentwicklungsgesprächen ist. Kinder, die eine Gemeinschaftsschule in der Sekundarstufe eins besucht haben, wünschen sich ein solches Konzept auch für die Oberstufe.

Dass diese Art des Lernens gut funktioniert und auch sehr erfolgreich zum Abitur führt, das haben die Gemeinschaftsschulen in den letzten zehn Jahren eindrucksvoll bewiesen. Die Gemeinschaftsschule ist die Schulart, in der viele Kinder einen höheren Schulabschluss erreichen, als ihnen ursprünglich prognostiziert wurde. 

Als die Gemeinschaftsschule 2012 in Baden-Württemberg eingeführt wurde, war damit das Versprechen verbunden, dass Kinder hier auf allen Niveaustufen lernen können und dass das sogenannte erweiterte Niveau (abgekürzt E Niveau) zum Abitur führt. 

Dieses Versprechen muss eingelöst werden!

Anlass für diesen Blogpost war ein Besuch in Waiblingen und der Kontakt zu einer Elterninitative dort.

Am einem Mittwochabend im März 2023 war ich zu Gast bei einer Podiumsdiskussion in Waiblingen im Rems-Murr Kreis, das ist eine wunderschöne Region nordöstlich von Stuttgart mit einer hohen Lebensqualität. Es gibt natürlich auch guten Wein dort.

Die Initiative der Podiumsdiskussion ging von Eltern aus, deren Kinder eine Gemeinschaftsschule besuchen und das Abitur anstreben.

Es gibt im Rems-Murr-Kreis 19 Gemeinschaftsschulen, aber keine einzige Oberstufe. Es ist auch keine geplant. Und das mehr als 10 Jahre nach Gründung der ersten Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg.

Warum ist das so?

Das Problem betrifft vor allem den ländlichen Raum.

Man hat den Eltern das Versprechen gegeben: Wenn euer Kind eine Gemeinschaftsschule besucht und am Ende auf dem E-Niveau lernt, dann kann es das Abitur ablegen. Das ist aber eine Lüge! 

Die Ursache für dieses Problem liegt in der Zuständigkeit für den Schulbau. Dafür sind nämlich die Kommunen und Städte zuständig.  Voraussetzung für die Beantragung einer gymnasialen Oberstufe. An einer Gemeinschaftsschule ist eine Mindestschüler:innenzahl von 60. Keine der 19 Gemeinschaftsschulen kann dies aus eigener Kraft leisten. Es sind also Absprachen zwischen unterschiedlichen Kommunen notwendig. Und im Rems-Murr Kreis können sich die verschiedenen Akteure nicht einigen, wer für diese Oberstufe, die ja durchaus eine gemeinsame Oberstufe für mehrere Gemeinschaftsschulen sein könnte, kostenmäßig aufkommt.

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