Bildungsweise

Susanne Posselt

Meine innere Schwester

Neulich fragte mich jemand, wie ich eigentlich mit mir in den inneren Dialog gehe. Eine interessante Frage. Mein Umfeld wundert sich ja schon lange nicht mehr, wenn ich mal wieder mit mir selbst im Gespräch bin. Nur hin und wieder fragt jemand, mit wem ich da eigentlich spräche. Aber ich spreche tatsächlich mit mir selbst. Oder besser gesagt: Mit meinem Alter Ego. Ich bemühe mich eigentlich, den inneren Dialog ganz lautlos mit mir selbst zu führen. Ich will meine Umwelt ja nicht mit meinen Selbstgesprächen belästigen. Meistens führe ich sie daher tatsächlich ausschließlich in meinem Kopf. Also sozusagen rein imaginär. Hin und wieder denke ich: Wie schade, wenn überhaupt niemand daran teilhaben kann. Denn diese Gespräche sind durchaus interessant. 

Wenn ich mir selbst so zuhöre, wirkt es wahrscheinlich, als spräche ich mit einer nahen Verwandten oder einer Freundin. Als ich neulich über die Frage nach dem inneren Dialog nachdachte, habe ich mir überlegt, wie ich diese imaginäre Gesprächspartnerin beschreiben könnte. Am besten gefiel mir das Bild von einer Art „inneren Schwester“. Wie es ist, ein Schwester zu haben, weiß ich ja. Meine Schwester ist eine ganz wunderbare Schwester. Meine innere Schwester ist ihr ein bisschen ähnlich, wobei sie in keinster Weise mit ihr in Konkurrenz treten soll. Nichts geht über echte Gespräche mit meiner echten Schwester. Aber sie ist ja nicht immer da. Ehrlich gesagt ist sie ziemlich oft nicht da, wenn ich das Gefühl habe, ich bräuchte jetzt mal jemanden zum Austausch. Das will ich ihr gar nicht vorwerfen, schließlich ist sie ein eigenständiger Mensch und führt ein eigenes, ziemlich ausgefülltes Leben. Also trage ich meine Schwester einfach immer mit mir. Bei mir. In mir. Das ist wirklich sehr praktisch, denn es ist immer jemand da, mit dem ich in Austausch gehen kann. Manchmal streiten wir uns auch. Immer zivilisiert natürlich.

Meine innere Schwester ist eine gute Ratgeberin. Sie hilft mir, meine Gedanken zu sortieren, Argumente abzuwägen und zu Entscheidungen zu kommen. Das Argumentieren mit ihr hilft mir auch, mit anderen Menschen in den Dialog zu kommen und deren Sichtweisen zu verstehen. Ihr seht: So eine innere Schwester ist sehr praktisch. Und man kann sich problemlos auch eine zulegen, wenn man gar keine echte Schwester hat.

Dabei bin ich mir sicher: Wenn ich bei meiner echten Schwester anriefe, weil ich tatsächlich mal eine echte Schwester zum Austausch bräuchte, würde sie sich ganz sicher Zeit nehmen. Danke Steffi, dass es dich gibt.

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