Bildungsweise

Susanne Posselt

Mit Begeisterung!

Edublogparade 2024 #3 „Morgens nicht Recht, mittags nicht frei haben – trotzdem zufrieden. Was macht den Beruf der Lehrer:in so attraktiv?“

Zugegeben: Mit dem Titel der Blogparade #3 habe ich mich anfangs schwergetan. Zufriedenheit und Attraktivität? Mit dem Begriff Attraktivität kann ich im Zusammenhang mit meinem Beruf wenig anfangen. Heißt Attraktivität, dass junge Menschen sich um die zur Verfügung stehenden Studienplätze reißen? Und ist der Lehrerberuf allein deshalb attraktiv, weil man ihn mit Zufriedenheit ausüben kann? Ich halte das für ein eher schwaches Argument, wenn es darum gehen soll, Werbung für unseren Beruf zu machen.

Mit meiner Berufswahl bin ich persönlich mehr als nur zufrieden. Ich gehe jeden Tag gerne in die Schule. Natürlich ist es oft auch anstrengend. Es gibt nicht wenige Arbeitstage, nach deren Ende ich erschöpft bin. Dass nun zwei Wochen Ferien vor mir liegen, in denen die Uhr etwas langsamer tickt, ist wichtig. Schule ist oft eine emotionale Achterbahnfahrt. Es geschehen unzählige Dinge zur gleichen Zeit. Wenn es ein klares Gegenteil von Langeweile gäbe, dann müsste es Schule heißen.

Doch bei aller Anstrengung: Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht in irgendeinem Moment emotional berührt bin:

Vom Glück, junge Menschen auf ihrem Weg begleiten zu dürfen. Von der Faszination spannender Zusammenhänge, der Schönheit der Sprache oder meinem Interesse an ganz praktischer Pädagogik.

Ich freue mich über jedes einzelne Kind, das mir zuwinkt und laut „Hallo, Frau Posselt“ über den Flur brüllt. Ich freue mich über das Funkeln in den Augen der Kinder, denen gerade ein Licht aufgegangen ist, und die die Erfahrung des Lernens gespürt haben. Ich freue mich aber auch über die etwas sperrigen Halbwüchsigen, die sich nach anfänglichem Protest einer langwierigeren Aufgabe stellen und am Ende stolz darauf sind, etwas Großes geschafft zu haben.

Ich bin nicht nur sehr gerne, sondern tatsächlich mit großer Begeisterung Lehrerin. Jeden Tag.

Es mag seltsam klingen: Aber für mich ist das Schlimmste an meiner Krebsdiagnose, der dadurch erforderlichen Operation und der anschließenden Rekonvaleszenzphase, dass ich der Schule und meinem Engagement für gute und nachhaltige Bildung eine ganze Weile den Rücken kehren muss. Aushalten zu müssen, dass ich nicht mehr jeden Tag im Zentrum des Geschehens stehen kann, wird eine Challenge für mich sein. Ich bin niemand, der sich auf eine ruhige Pensionszeit freut. Und ich weiß genau: Auch, wenn es eines Tages so ist, werde ich nicht aufhören – dann eben ehrenamtlich – , mit Menschen zu arbeiten und mich bildungspolitisch zu engagieren.

Bildung ist wie eine Pflanze, die wächst. Sie braucht Licht, Wasser und Wärme. Wärme ist für mich eine Art positiver Energie, eine Art Lebensgeist – „Begeisterung“.

Das Schönste an der Begeisterung durch Bildung ist: Sie ist in positivem Sinne ansteckend. Vielleicht gelingt es mir ja, durch diesen Beitrag auch jene an das warme Gefühl der Begeisterung zu erinnern, die gerade so erschöpft sind, dass sie nahezu vergessen haben, was den Beruf für sie irgendwann einmal „attraktiv“ gemacht hat.

Die Attraktivität des Lehrerberufes liegt für mich in der Arbeit mit den jungen Menschen. Sie sind der Resonanzboden für das Lied der Bildung. Authentische Bildungsbeziehungen sind dabei der Schlüssel zum lebenslangen Lernen. Was kann es Schöneres geben, als jeden Tag den Geist der Bildung wie ein Samenkorn in die Lebenswelt junger Menschen zu pflanzen?

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