Oder: Es ist vollbracht.
Am Ende ist es ja immer so: Man schließt ein in langen Arbeitsstunden und im Schweiße des eigenen Angesichts entstandenes Werk endlich ab. Genau so und genau dann, wie man es sich vorgenommen hatte.
Und dann steht man neben dem frisch gedruckten und gebundenen Stapel der Arbeit, ist erleichtert und freut sich und blickt aufs Deckblatt …
… und sieht den Fehler.
Den Tippfehler.
Eine kleine Unachtsamkeit und doch bohrt er sich ins Auge und verursacht kleine Nadelstiche im eben noch empfundenen Stolz.
Genau so war das natürlich auch bei meiner Masterarbeit. Es konnte nicht anders sein. Vielleicht musste es so sein.
Ich war kurz verzweifelt, habe innerlich mit mir selbst diskutiert und bin etwa zwei Stunden mehr oder weniger ziellos durch die Stadt gelaufen.
Dann habe ich erst einmal eine Nacht drüber geschlafen.
Am nächsten Morgen kam mir wie ein Geistesblitz ein kurzes Video in den Sinn, das ich erst kürzlich bei Instagram gesehen hatte. Caroline von St. Ange, dort unter dem Namen learnlearning.withcaroline unterwegs, erklärt im dem Video, wie man aus Fehlern etwas Positives macht.
Wenn man Texte von Kindern korrigiert, soll man falsch geschriebene Wörter nicht rot anstreichen. Man soll sie grün einkreisen und dem Kreis einen kleinen Strich hinzufügen, damit es aussieht, wie eine Lupe. Wenn das Kind dann über den Fehler nachgedacht und die richtige Lösung gefunden hat, fügt man weitere Striche hinzu und ein lachendes Gesicht: Aus der Lupe ist eine Sonne geworden und man sieht statt vieler Fehler am Ende viele Sonnen in einem Text, an dem hart gearbeitet wurde.
Kurzerhand habe ich meine Arbeit fotografiert, den Fehler grün eingekreist und aus der Lupe eine Sonne gemacht. Ich habe die digitale Version noch einmal verbessert und die beiden Fotos mit Lupe und Sonne und die digitale Arbeit per E-Mail an mein Gutachterteam geschickt.
Nach knapp zwei Jahren Studium mit hochinteressanten, inspirierenden und manchmal auch nachdenklich machenden Erkenntnissen, habe ich am Wochenende also endgültig den Buchdeckel über meiner Masterarbeit geschlossen.
Heute habe ich die gedruckte Arbeit dann – mit Fehler – persönlich in Freiburg beim akademischen Prüfungsamt abgegeben.
Es war – wie meine Kinder sagen würden – eine Challenge. Neben voller Berufstätigkeit als Lehrerin mit diversen Haupt- und Nebentätigkeiten habe ich das durchgezogen. Ich hatte die ganze Zeit eine volle Stelle an meiner Gemeinschaftsschule mit Klassenleitung mit Ganztag, Coaching, Klassenfahrt und allem drum und dran in Jahrgang 7 und ein paar Freistellungsstunden für die Personalratsarbeit. Ich war weiterhin im Landesschulbeirat und dort auch im Vorstand, habe im vergangenen Schuljahr als stellvertretende Vorsitzende der GEW Baden-Württemberg meinen Kollegen im Bezirksvorstand (zum Glück im Team) vertreten, war Vorsitzende der Landesfachgruppe Gemeinschaftsschulen in der GEW Baden-Württemberg und habe einen Bildungsrat von unten mitgegründet.
Manchmal habe ich mich gefragt, warum ich das alles mache, aber ich weiß es jetzt nach Abschluss meiner Masterarbeit ganz genau: Es war meine Zielorientierung.
Wenn ich mich ein bisschen erholt habe, werde ich an dieser Stelle mal erklären, was ich da eigentlich erforscht habe. Jetzt genieße ich allerdings erst einmal ein bisschen meine wiedergewonnene Freiheit, etwas Urlaub und freue mich über das Geschaffte.
Bis bald!
herrmess Montag, 14. August 2023
Genieß die wohlverdiente Freiheit! Und Glückwunsch!
Susanne Dienstag, 15. August 2023
Vielen Dank! Jetzt mache ich tatsächlich erst einmal Urlaub